Das Korn
Die Verfeinerung des Geschmacks ist heute sozialer Indikator und bestimmt die gesamte Genussmittelindustrie. Doch zumindest schon seit dem 18. Jahrhundert gilt die Sensibilisierung der Sinne auch als beste Voraussetzung für eine künstlerische Laufbahn – gepaart mit dionysischem Rausch wurde sie zum Triebwerk kreativer Prozesse. Behauptete sich in der frühen Moderne das Reine und Unvermischte noch als das Fundament eines kritischen künstlerischen Bewusstseins, so begannen im Laufe der Zeit dessen Ränder zu verschwimmen. Dennoch hielt die Avantgarde bei allem Willen, die Grenzen des Konventionellen zu überschreiten, weiterhin am strikten Tabu bezüglich jeder kommerziellen Absicht fest.
Gefüllt in Flaschen, die ästhetisch an eine Mischung aus Flachmann und Parfumflakon erinnern, stellt >das korn< die Verbindung von Kunstwerk und kommerziellem Produkt in Frage. Als limitierte Edition von 50 Stück in Kisten, die üblicher Weise für den Transport von Kunstwerken vorgesehen sind, kann der Doppelkorn als Kunstobjekt erworben werden. Ebenso aber auch unlimitiert als Flasche im Einzelhandel oder glasweise in der Lieblingsbar um die Ecke.
Die Grundidee für die Entwicklung der Premium-Spirituose >das korn< bestand demnach darin, ein Unternehmen als Kunstprojekt zu gründen und als Künstler die Rolle des Unternehmers zu übernehmen. Das Unternehmen präsentiert sich als Kunstwerk, produziert jedoch ein kommerzielles Produkt. Die ökonomischen Gesetze des Kunstmarktes werden ebenso hinterfragt, wie unsere Vorstellungen von der Autonomie der Kunst. Die Aufmerksamkeit, die man der Kunst und ihren Präsentationsformen entgegenbringt, wird als Marketingstrategie für ein kommerzielles Produkt, das aus einem Kunstprojekt hervorgegangen ist, instrumentalisiert.
„Wenn Kunst immer wieder Konventionen brechen will und dabei trotzdem schnell im Regal des Kunstmarkts landet, dann ist es hoch an der Zeit, die Sache zu professionalisieren. das korn ist eine Marke, die Autonomiebestrebungen der Kunst unterwandert; eine Marketingstrategie, die jene Aufmerksamkeit, die der Kunst entgegengebracht wird, in Geiselhaft nimmt. das korn – ein ultra reines Destillat fordert eine klare Entscheidung, ob man es seiner Sammlung einverleibt oder sich selbst.“ (Theo Ligthart)